Ministerpräsident Volker Bouffier spricht beim Lions Club Bad Arolsen
Mehr Mut zu entschlossenem Handeln und mehr Beteiligung der Bürger forderte Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier gestern Abend bei der Arolser Tafel des Lions Clubs Bad Arolsen.
Bad Arolsen. Die Deutschen, speziell auch die Hessen, haben nach Auffassung des CDUPolitikers allen Grund, auf die aktuelle wirtschaftliche Situation stolz zu sein. Einst als Armenhaus gescholten, habe sich Nordhessen zu einer Boom-Region entwickelt. In Frankfurt habe sich mit dem Flughafen und den umliegenden Dienstleistern die größte Betriebsstätte Europas entwickelt, die trotz der ernst zu nehmenden Klagen über Fluglärm weiterentwickelt werden müsse. Noch nie zuvor habe es so viele Lehrer bei allerdings immer weniger Schülern gegeben und so hohe Ausgaben für Bildung, Wissenschaft und Forschung. Doch von Beifall sei wenig zu hören, klagte Bouffier vor den fast 200 Gästen. Der Ministerpräsident spannte den Bogen bis hin zur Rettung der Währungsunion in Europa. Der von Bundeskanzlerin Angela Merkel angestoßene Fiskalpakt und die Hilfen für überschuldete Länder seien der einzige Ausweg. Deutschland profitiere von der gemeinsamen Währung, Hessen sei führend beim Export und daher abhängig vom Euro. Ausgerechnet Deutschland und Frankreich seien aber die Länder gewesen, die als erste die Defizit-Obergrenze von drei Prozent überschritten hätten. Deutschland sei „zu groß, um sich hinter Europa zu verstecken, und zu klein, um die Europäische Union hegemonial zu beherrschen“, sagte Bouffier. Eine Führungsrolle könnten aber andere Länder nicht ausüben. Das „Projekt Europa“ ist nach Auffassung von Bouffier für das reiche Deutschland mit seiner schrumpfenden Bevölkerung für die zukünftige Entwicklung wichtig, etwa wenn es um die gemeinsamen Bemühungen um den Abbau von Handelsschranken geht.
„Reichste Generation“
„Hier sitzt die reichste Generation, die jemals hier gelebt hat. Und die, die die meisten Schulden gemacht hat“, stellte der Ministerpräsident fest und betonte die Notwendigkeit der inzwischen durch 70 Prozent der hessischen Wähler in der Landesverfassung festgeschriebenen Schuldenbremse. Freilich gebe es nicht für alle Sparmaßnahmen Zustimmung: „Eine Republik der Besitzstandswahrer, die nichts geändert haben will, wird die Zukunft nicht gewinnen können“, warnte der prominente Gast der Lions-Freunde. „Wir setzen auf die Bürgergesellschaft, in der nicht jedes Mal nach dem Staat gerufen wird. Der Staat kann und darf nicht alles“, rief Bouffier zu aktiver Mitgestaltung im Gemeinwesen auf. Bouffier äußerte sich besorgt über die zunehmende Ferne der Bürger von der Politik und eine erschreckend niedrige Wahlbeteiligung. Nicht verwirrte Wutbürger und Kritikaster, sondern Mutbürger wie die Lions. Der Lions Club hatte in Verbindung mit der Rede des Ministerpräsidenten zu der inzwischen elften „Arolser Tafel“ in die Fürstliche Reitbahn des Welcome-Hotels eingeladen. Zu der Benefizveranstaltung, deren Erlös für soziale Zwecke aufgebracht wird, begrüßte Präsident Dr. Jochen Gottschalk unter anderem Wittekind Fürst zu Waldeck und Pyrmont sowie Landrat Dr. Reinhard Kubat und Bürgermeister Jürgen van der Horst. Er dankte auch dem Welcome-Hotel für dessen Unterstützung der Zusammenkunft. Musikalisch wurden die Besucher in der Reitbahn auf das Ereignis durch das Orchester der Christian-Rauch-Schule unter Leitung von Rainer Böttcher eingestimmt.
Von Armin Hass