Jüngere Stadtgeschichte aufgearbeitet

Lions-Club Bad Arolsen zu Gast im Historicum. Die Führung hat Udo Jost (r.) vom Trägerverein des Historicums.

Lions-Club unterstützt Museumskonzept des Vereins Historicum · Erinnerung für Nachwelt bewahren

Als frühe Förderer des Museums „Historicum – Forum Zeitgeschichte“ haben sich die Mitglieder des Lions-Clubs Bad Arolsen die Museumsräume im ehemaligen Stabsgebäude der ehemaligen Kaserne an der Großen Allee vorstellen lassen.

Bad Arolsen. Die sachkundige Führung übernahm Stadtrat Udo Jost, zugleich stellvertretender Vorsitzender des Vereins Historicum. Jost erläuterte das Museumskonzept und führte den interessierten Besuchern die Entwicklung der Stadt im 20. Jahrhundert vor Auge. Viele markante Daten lassen sich im Kasernengebäude nachvollziehen, so der Kasernenbau im Kaiserreich, der Ausbruch des Ersten Weltkrieges, die Zwischennutzung der Kaserne während der Weimarer Republik bis hin zur Machtergreifung durch die Nationalsozialisten.

„Finsteres Kapitel“

In den ehemaligen Zellen des Wachgebäudes erinnern die Museumsmacher an den erstarkenden Militarismus, der die Stadt Mitte und Ende der 30er Jahre zu einer Hochburg der SS werden ließ. Eine Zelle ist dem Gedenken an die hier als Arbeitskräfte eingesetzten Häftlinge aus dem Konzentrationslager Buchenwald gewidmet, eine weitere erinnert an die ehemaligen jüdischen Familien, die von den Nationalsozialisten aus der Stadt vertrieben, deportiert und ermordet wurden. 

Doch die Geschichte endet nicht bei diesem finsteren Kapitel: So lässt sich an der Kaserne auch die Entwicklung der jungen Bundesrepublik ablesen, zunächst mit belgischen Soldaten, die als Besatzer kamen, Nato-Partner wurden und als Freunde gingen. Erzählt wird auch die Geschichte der Gastarbeiter, die in den 60er Jahren vor allem aus Portugal nach Arolsen kamen. Und schließlich die Geschichte der Spätaussiedler, die nach dem Fall des Eisernen Vorhangs aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion in den Westen zogen. 

Beim Rundgang durch das Museum waren auch die Lücken in den Ausstellungsvitrinen sichtbar, die nach dem Streit im Vorstand des Trägervereins und nach einem Einbruch im Museum entstanden sind. Der Vorstand bemüht sich daher derzeit um eine Nachjustierung des Ausstellungskonzeptes. Jost: „Entfernt wurden vor allem Ausstellungsstücke, die an die SS erinnerten. Wir wollen auf keinen Fall zur Pilgerstätte für Ewiggestrige werden.“

„Forum Zeitgeschichte“

Ziel sei es vielmehr, die jüngere Stadtgeschichte auch für die jüngere Generation greifbar zu machen. Nächstes Projekt sei zum Beispiel die Einordnung der unterschiedlichen Denkmäler in der Innenstadt in einen historischen Kontext. Als „Forum Zeitgeschichte“ biete das Historicum einzelnen Schülern und Schulklassen die Möglichkeit zur historischen Forschung. Die Lions unter Führung ihres Präsidenten Christoph Lange zeigten sich vom Museumskonzept beeindruckt. Die in der Gründungsphase gegebenen Zuschüsse seien offenbar gut angelegt gewesen. Als Beitrag zur Deckung der laufenden Betriebskosten, Miete, Heizung und Strom, im Jahr rund 14 000 Euro, überreichten die Lions eine weitere Spende über 500 Euro.

Von Elmar Schulten

BVB-Boss plaudert aus Nähkästchen

Lions-Tafel mit BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke in der Fürstlichen Reitbahn des Welcome-Hotels. V.l. Hans-Joachim Watzke, Jutta und Christoph Lange.

Benefiz-Veranstaltung der Bad Arolser Lions in der Fürstlichen Reitbahn des Welcome-Hotels

Rekordverdächtig war die Benefiz-Veranstaltung des Lions-Clubs Bad Arolsen: Der BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke zog wie ein Magnet nicht nur eingefleischte Fußballfreunde an. 

Bad Arolsen. Echte Liebe. Dieses Motto hat der Fußball-Bundesligist Borussia Dortmund ausgegeben und zeigt damit, worauf es beim Fußball ankommt: Auf Emotionen, ganz viel Gefühl. – Ebenso wichtig ist es aber, dass die Finanzen stimmen. Und auf dem Gebiet hat BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke in den vergangenen Jahren ganze Arbeit geleistet. Bei einer Benefizveranstaltung des Bad Arolser Lions-Clubs gewährt Watzke einen Blick hinter die Kulissen des Profi-Fußballs.

„Stadionlieder für Streicher

Rekordverdächtig. Das ist nicht nur die Leistung der Fußballspieler im Westfalen-Stadion. Rekordverdächtig war auch die Teilnehmerzahl bei der 12. Bad Arolser Lions-Tafel in der Fürstlichen Reitbahn des Welcome-Hotels. 195 zahlende Gäste waren der Einladung von Lions-Präsident Christoph Lange gefolgt und erlebten einen anregenden Abend, bei dem sich längst nicht alles um den Fußball drehte.

Den musikalischen Anstoß machten die vier Stadtstreicher alias Adele Jakumeit, Tabea Knobbe, David Schult und Oliver Mathes mit ihrer Interpretation von Stadion-Liedern für Streichquartett.

So konnte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke zur inoffiziellen BVB-Hymne in den bis auf den letzten Platz besetzen Festsaal der Fürstlichen Reitbahn einmarschieren. Auch für ihn ein Wiedersehen mit vielen langjährigen Bekannten und Freunden: Der BVB-Geschäftsführer stammt schließlich aus dem benachbarten Erlinghausen und hat schon mit Arolsern zusammen Fußball gespielt.

Seinen Festvortrag zum Thema „Erfolg kommt nicht von ungefähr“ eröffnete Watzke mit einem filmischen Rückblick auf die Höhen und Tiefen des Vereins. 122 Millionen Euro Schulden bei 305 Millionen Euro Jahresumsatz. Der BVB war nicht mehr Eigentümer seines Westfalen-Stadions.

„Voll auf der Höhe

In dieser Situation erhielt Watzke 2005 den Ruf nach Dortmund. – Heute ist der BVB nicht nur sportlich, sondern auch finanziell wieder auf der Höhe und kann ganz oben an der Spitze mithalten. Die Zahl der Fans, ein wichtiger Faktor im FußballMarketing, konnte von drei Millionen auf 10,5 Millionen gesteigert werden. 

„Da war auch eine Menge Glück dabei“, räumte der ebenso selbstsicher wie bescheiden auftretende Watzke ein. – Man habe die Marke Borussia Dortmund entwickelt mit Begriffen wie innovativ, intensiv und authentisch. – Griffig zusammengefasst in den beiden einfachen Worten: echte Liebe. – Damit verbunden sei auch der Respekt, den der Verein seinen Fans entgegenbringe.

„Das war beängstigend

Die Fernsehbilder von damals – zusammengeschnitten in einem Fünf-Minuten-Film – kommentierte Watzke so: „Das war beängstigend. Erste Meldung Tagesschau. Der BVB steht vor der Insolvenz. – Damals rief mich Reinhard Rauball an. Ich hatte gerade meine Firma in Marsberg gegründet und dachte mir: Gut, dann gehe ich nach Dortmund. Das dauert höchstens vier Wochen.“ Doch weit gefehlt: Am Freitag, dem Tag des Festvortrags bei den Lions, waren es auf den Tag genau neun Jahre, dass Hans-Joachim Watzke nach Dortmund gegangen war. 

Inzwischen habe er den BVBVorsitzenden Rauball natürlich gefragt, warum er damals ausgerechnet ihn, Watzke, angerufen habe. Seitdem wisse er, er war der Einzige, der ans Handy gegangen ist. 

Den Ausweg aus dem Schuldental habe er mit einem konsequenten Sparprogramm erreicht. „Und zwar nicht nach dem Vorbild der meisten Politiker, die meinen, es sei schon viel erreicht, wenn in einem Jahr nur 9,5 Millionen Euro neue Schulden und nicht zehn Millionen gemacht werden.“ Nein, er habe gespart, wie er es bei seiner Oma in Erlinghausen gelernt habe: Die Spielergehälter wurden um 33 Millionen Euro zurückgefahren. Das habe erst mal die Insolvenz abgewendet. Watzke: „2008 wusste ich, dass wir nicht mehr sterben, aber zum Leben war’s auch nicht genug.“ So habe er die Sanierung bis heute nach seinen Bedingungen fortgeführt. Dazu gehöre, dass nie wieder ein Euro Kredit aufgenommen werde, um den sportlichen Erfolg zu finanzieren. 

Das Ergebnis war die Meisterschaft 2011 mit acht Spielern, die jünger waren als 22 Jahre. Das Stadion gehört längst wieder dem Verein. Und der spielt in der Champions League mit. Watzke zollte auch dem größten Konkurrenten, dem FC Bayern, Respekt: Die sind Marktführer. Ein großartiger Verein. Die können auch 100 Millionen Euro mehr an Spielergehältern zahlen als wir. – Wenn dann der FC Bayern Meister wird, ist das die Normalität. Wenn dann aber der FC Bayern die Champions League gewinnt, dann ist das großartig, weil es international noch ein paar Clubs gibt, die noch mehr zahlen können.“ 

In Spanien und England gebe es noch zwei, drei Clubs, die auf dem gleichen Level spielten wie der FC Bayern. Watzke: „Wenn ich Vorstandsvorsitzender in München wäre, würde ich es genauso machen.“ Borussia Dortmund gebe sich alle Mühe, den Abstand etwas geringer zu halten.

„Soziales Problem

Viel Zeit nahm sich Watzke anschließend, um die vielen Fragen aus dem Publikum zu beantworten. Dabei ging es unter anderem um Financial Fairplay auf internationaler Ebene und um Fan-Ausschreitungen. Watzkes Urteil ganz eindeutig: „Der Fußball hat kein Gewaltproblem, sondern die Gesellschaft hat ein Gewaltproblem.“ Gewalt gebe es in der U-Bahn und anderswo. Das könne der Fußball nicht lösen. Der BVB habe aber immerhin fünf besonders ausgebildete Sozialpädagogen als Fanbetreuer.

 

„Der beste Trainer

Zum Abschluss noch ein Wort zu Watzkes enger persönlicher Freundschaft zu BVB-Trainer Jürgen Klopp: „Der beste Trainer, den es für den BVB gibt. Wir ziehen das bis 2018 durch. Jürgen Klopp war für den BVB so etwas wie ein Sechser im Lotto mit Zusatzzahl.“ 

Der Lions-Club Bad Arolsen verwendet die Einnahmen aus der Benefizveranstaltung für seine vielfältigen sozialen und kulturellen Projekte in Nordwaldeck. Der Großteil ist für den Tafelladen des ökumenischen Hilfsprojektes „Arolser Tafel“ bestimmt. Die 34 Bad Arolser Lions gehören der weltweiten Organisation der Lions mit insgesamt rund 1,35 Millionen Mitgliedern in 46 000 Clubs an.

Von Elmar Schulten